Wie passen diese beiden auf den ersten Blick doch so unterschiedlichen Tiere zusammen? Ein Marienkäfer eher klein, kugelig, rot mit schwarzen Punkten und ein Schmetterling eher filigran, mit großen Flügeln und häufig wunderschönen Farben. Für mich sind beide Tiere unweigerlich mit ALS verbunden. Der Marienkäfer, dank Marco, als das Symbol für das mit Leben mit ALS. Marie, der Marienkäfer, der einfach nur Mut macht. Und der Schmetterling …?
Nun. Gerade mit ALS, aber vielleicht auch so, hinterfragt man doch ab und an den Sinn des Lebens. Den Sinn hinter der Krankheit ALS. Warum bin ich der „Glückliche“, der das große Los gezogen hat. Stück für Stück seine körperlichen Fähigkeiten zu verlieren. Die Arme und Beine nicht mehr bewegen zu können. Die Stimme zu verlieren. Immer mehr in sich versinken. Gibt es dahinter wirklich einen Sinn? Natürlich habe ich darauf auch nicht DIE Antwort. Aber ich habe für mich eine Antwort gefunden, die zumindest für mich eine mögliche Erklärung liefert.
Vielleicht hat jemand von Euch schon einmal von dem sogenannten „Schmetterlingseffekt“ als Teil der Chaostheorie gehört. Kurz gesagt, kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen? Natürlich ist das eine Theorie [1], aber dahinter stecken durchaus wissenschaftlich nachvollziehbare Annahmen. Für mich heißt das, übertragen auf alle Menschen, jeder Mensch auf dieser Welt beeinflusst mehr oder weniger auch seine Mitmenschen. Durch sein Handeln, durch seine Worte, und aber auch durch seine spezielle Lebenssituation. Einige haben mir gesagt, dass die Krankheit ALS und auch mein Umgang mit der Krankheit, sie zum Nachdenken, ja manchmal auch zum Umdenken gebracht hat. Ihre Prioritäten im Leben hätten sich dadurch verändert. Dinge, die immer furchtbar wichtig erschienen, sind total unwichtig geworden. Weil andere Dinge im Leben eine viel größere Bedeutung haben: Freunde, Gesundheit, das Leben spüren… Kurz gesagt, häufig rennen wir im Leben so vielen unwichtigen Dingen nach oder sehen sie als lebensnotwendig an. Und dabei reichen meist schon kleine Dinge aus, um glücklich zu sein.
Offensichtlich hat jeder Mensch auf dieser Welt doch eine gewisse Rolle. Ich will nicht sagen, dass wir willenlose Zombies sind, die keinen freien Willen haben. Vielmehr scheint hinter allem doch ein größerer Sinn zu stecken, der für Menschen einfach nicht zu fassen ist. Das ganze „System Leben“ ist hochkomplex und bestimmt nicht zufällig. Nein, meiner Meinung steckt da mehr dahinter. Und auch wenn es für ALS Betroffene im wahrsten Sinne des Wortes eine beschissene Situation ist, so ist das Leiden, der Kummer und Schmerz, doch mit einem gewissen Trost verbunden. Vielleicht haben gerade wir ALS Betroffenen einen immensen Einfluss auf unsere Mitmenschen. Vielleicht ist das unsere Aufgabe auf dieser Welt. Ja, vielleicht sogar der Sinn im weitesten Sinne. Wer weiß…
[1] „Grundsätzlich lässt sich eine Wirkungskette so oft nicht nachvollziehen, ist also Fiktion. Der Kerngedanke „kleine Ursache, große Wirkung“ hingegen steht auf einem serösen naturwissenschaftlichen Fundament. Der populäre Ausdruck „Schmetterlingseffekt“ beschreibt tatsächlich die „Sensitivität gegenüber einer Änderung der Anfangsbedingungen“, die im Kontext der Chaostheorie auftritt. Der Begriff „Chaos“ soll aber nicht bedeuten, dass richtiger Zufall (wie bei radioaktivem Zerfall) im Spiel ist, denn beobachtbare Effekte gehen auf streng deterministische Prozesse zurück. Dabei können die zugrundeliegenden deterministischen Regeln sogar sehr einfach sein, das beobachtete Verhalten aber trotzdem sehr komplex und schwer vorherzusagen.“
Quelle: https://uol.de/physik/studium/physik-studieren-in-oldenburg/was-sie-schon-immer/was-ist-der-schmetterlingseffekt
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